Dorfgeschichte - oberrother

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Dorfcronik
Oberroth im Wandel der Zeit

Wer durch das heutige Oberroth bummelt, findet keinerlei Anzeichen dafür, daß er sich hier in einem Dorf mit einer sehr alten Geschichte und Tradition befindet. Einen kleinen Hinweis gibt dem aufmerksamen Besucher vielleicht die im romanischen Stil errichtete Kirche St. Peter und Paul. Die bis in die Vorgeschichte belegte Siedlungstätigkeit im Raume von Oberroth hat über Jahrhunderte eine organisch gewachsene Dorfgemeinschaft entstehen lassen, die sich im Wandel der Zeit immer wieder den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen angepaßt hat.

Oberroth in der Kelten und Römerzeit

Bereits in der Vorgeschichte (1200 v. Chr. - 15 v. Chr.) belegen archäologische Funde das Bestehen keltischer Siedlungen, etwa seit dem Jahre 500 v. Chr. Keltische Hügelgräber finden sich im Oberrother Pfarrwald, im „Lindach" südlich der Verbindungsstraße Oberroth - Wiedenzhausen, südwestlich von Edenholzhausen sowie im Etzholz nordwestlich der Kapelle von Machtenstein. Schriftliche Quellen aus dieser vorgeschichtlichen Zeit sind nicht aufgefunden worden. Die Hügelgräber sind somit die einzigen „stummen Zeugen" einer keltischen Besiedlung. Sie geben jedoch kein detailliertes Bild über die Besiedlungspolitik der Kelten.
Unser Wissen über die Frühgeschichte beruht hauptsächlich auf archäologischen Funden und weniger auf schriftlichen Quellen. Die Frühgeschichte umfaßt die Römerzeit (15 v. Chr. - etwa 400 n. Chr.), die Verdrängung der Römer durch germanische Stämme, die Zeit des Stammesherzogtums Bayern bis zur Eingliederung des Dachauer Landes in das Frankenreich durch Karl den Großen ab 800 n. Chr. Insbesondere die Römerzeit hat Besiedlung und Kultur von Oberroth geprägt. Nach der Eroberung des Gebietes nördlich d& Alpen errichteten die Römer ein Netz von Straßen, die zunächst al Heerstraßen und später als Handelswege die eroberten Gebiete in das römische Reich eingliedern sollten. Eine bedeutende Römerstraße führte von Augsburg kommend über Friedberg und den Petersberg südöstlich an Oberroth vorbei. Im weiteren Verlauf überquerte sie die Isar bei Oberföhring und führte über Salzburg an die untere Donau und zu den römischen Besitzungen in Osteuropa. Somit war der Ort Oberroth voll in das römische Verkehrssystem eingebunden. Dies hatte eine starke Besiedelung zur Folge, da sich nach römischer Sitte entlang dieser Verkehrswege neben Bauern auch Handwerker und Händler niederließen.
Zu dieser Zeit wurde der ländliche Charakter des Dachauer Landes und des Ortes Oberroth begründet. Die einheimische Bevölkerung zog großen Nutzen aus der ausgezeichneten Sachkenntnis der römischen Gutsherren, die mit ihren Gutshöfen (villae rusticae) entlang dieser Straßen für die Versorgung der Truppen und die Bewirtung und Beherbergung der Reisenden sorgten. Die Römer betrieben schon damals Ackerbau und Viehhaltung auf wissenschaftlicher Basis. So waren ihnen bereits besondere Düngungsmethoden und der Fruchtwechsel bekannt. Die Entwicklung der Gerätschaften hatte ebenfalls schon einen hohen Stand erreicht.

Oberroth seit mehr als 800 Jahren ein wohlhabendes Pfarrdorf

Die älteste verläßliche, auf den Ort Oberroth zu beziehende urkundliche Erwähnung ist im Jahre 1190 belegt. Mit dieser Urkunde vergab der Bischof Otto II. von Freising die kirchlichen Besitzungen an das Collegiat St. Andrä. Bereits Ende des 9. Jahrhunderts ist ein Ort „ad Hrotam" urkundlich belegt und 926 ist in einer Urkunde eine Niederlassung „ad minorem Rotam" erwähnt. In beiden Fällen ist jedoch nicht einwandfrei geklärt, ob damit auf das heutige Nieder- oder Oberroth Bezug genommen wird.
Spätestens seit 1190 ist Oberroth ein Pfarrdorf mit Kirche, eigenem Pfarrer und einem Pfarrhof, ausgestattet mit einem reichen Grundbesitz. Urkundlich geht hervor, daß im Jahre 1760 ein Pfarrhof, ein Ökonomiegebäude und ein Grundbesitz (Widumsgründe) in der Größe eines 1/1 Hofes bestanden. Es gehörten zum „Pfarrwidum": 67 Tagwerk Acker, 20 Tagwerk Wiesen und 16 Tagwerk Wald, die auch heute noch vorhanden sind, aber verpachtet werden. Damit gehörte die Pfarrei Sankt Peter und Paul zu den größten Grundbesitzern von Oberroth und war bei den Pfarrherren eine begehrte Pfarrei. Hinzu kam, daß es keine Auflagen für einen mit Kosten verbundenen Schulbetrieb gab. Bis in die Neuzeit hinein bezogen die Pfarrer ihren Lebensunterhalt aus den Einnahmen ihres Pfarrwidums. Ein festes Gehalt gab es damals nicht.

Oberroth, Hofmark und Schrannenpiatz zwischen zwei wichtigen Verkehrswegen

Seit 1392 gehört Oberroth zum Gericht Schiltberg. Nach der Verschmelzung des Gerichtes Schiltberg mit dem Landgericht Aichach ging die Verwaltung von Oberroth auf das Landgericht Aichach über. Nur Musterung und Harnischschau wurde vom Landgericht Dachau durchgeführt. Erst ab 1532 erscheint Oberroth als ein dem Landgericht Dachau unmittelbar unterstellter Ort.
Oberroth war bereits seit 1190 Hofmark. Hofmarken waren eine Mischung aus politischer Gemeinde, Gerichtsbezirk und Wirtschaftsunternehmen. Sie besaßen die niedrige Zivil- und Strafgerichtsbarkeit sowie die Schieds- und Urkundengerichtsbarkeit. Zugleich waren mit dem Besitz einer Hofmark wirtschaftliche Vorrechte verbunden, wie das Brau- und Mühlenrecht, das Vorrangrecht auf Nutzung der Wasserkräfte, der örtliche Wildbann und ähnliche Feudalrechte. -
Zusätzlich besaßen die Hofmarkherren ein wirtschaftliches Konzessionsund Zulassungsrecht für Handwerk, Gewerbe und ländliche Kleinsiedlungen. Hofmarkherren konnten adelige Grundbesitzer, aber auch Pfarrherren oder Klöster sein. Letztere mußten ihre Rechte und Pflichten jedoch mit Hilfe von Vögten ausüben.
Um 1500 gab es im Bereich des heutigen Landkreises Dachau 32 Hofmarken, davon 21 Adelssitze und 11 im Besitz von Prälaten. Urkunden legen den Schluß nahe, daß in Oberroth die Hofmarkherrschaft von der Pfarrei ausgeübt wurde, die ja einen Ganzhof in Besitz hatte. Um 1500 gehörte Oberroth zur Vogtei Günzelhofen. Es ist anzunehmen, daß die Vogtei Günzelhofen das Hofmarktrecht in Oberroth ausgeübt hat.
In einer Urkunde des Gerichtes Schiltberg von 1392 ist Oberroth als „Schrannenort" verzeichnet. Zur damaligen Zeit bedeutete Schranne Gerichtsstätte. Diese Schrannengerichte wurden unter freien Himmel, meist auf erhöhten Plätzen oder unter Bäumen, vor allem Linden, abgehalten. Durch Schranken, sog. „Schrannen" wurde das Volk vom Gericht getrennt. An solchen Gerichtstagen kam viel Volk aus der Umgebung zusammen. Die Orte erwirkten deshalb das Rech, an den Gerichtstagen einen Markt abhalten zu können. So wurdet dr Gerichtstag auch vielfach zum Markttag, was die spätere Bedeutung von „Schranne" als Getreideschranne zur Folge hatte. In Oberroth wurde demnach Gericht gehalten und daraus entwickelte sich ein
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Handelsmarkt, der wegen seiner verkehrsgünstigen Lage zwischen zwei wichtigen Verkehrswegen ein lebhaftes Marktleben vermuten läßt.
Diese verkehrspolitische Bedeutung wurde im Jahre 1180 begründet, als man den Wittelsbachern „Bayern" als Reichsiehen übertrug und München von Ludwig dem Strengen 1255 zur Hauptstadt der Wittelsbacher bestimmt wurde. Es mußte schnellstens ein Verkehrsweg geschaffen werden, der die neue Hauptstadt München mit der wittelsbachschen Burg in Dachau und den landherrschaftlichen Besitzungen in Aichach und im Raum Donauwörth verband. Daneben war ein Handelsweg mit dem wirtschaftlichen Zentrum Augsburg dringend erforderlich. Zwischen den Jahren 1200-1255 wurde eine Straße gebaut, die über Dachau und Schwabhausen führend seine Gabelung am Ortseingang von Oberroth hatte.
Ein Straßenzug (heutige Aichacher Straße) führte über Aichach nach Rain am Lech und sicherte den Witteisbachern die Überwachung ihrer Besitzungen. Als Heerstraße hatte die Trasse ein herausragendes strategisches Gewicht für die Machtpolitik des Hauses Wittelsbach. Neben vielen Vorzügen für Handel und Ansiedlungspolitik hatte die Lage an einer Heerstraße auch den Nachteil, daß Oberroth zahlreiche Plünderungen durch Soldaten über sich ergehen lassen mußte. So waren es auch französische Truppen von Napoleon, die in Oberroth stahlen und brandschatzten. Für diesen Schaden wurde 1806 von Napoleon eine Entschädigung an die Einwohner von Oberroth gezahlt.
Die zweite Trasse verlief von Oberroth (heutige Friedberger Straße) über Odelzhausen, Eurasburg und Friedberg nach Augsburg. Sie wurde für die nächsten Jahrhunderte zu einem herausragenden Handelsweg, der München mit Italien und dem restlichen Deutschland verband. Nach Fertigstellung wurde diese Handelsstraße den Fuhrleuten zwingend für den Transport von Wein, Mehl und Getreide vorgeschrieben. Deshalb bürgerte sich den Name Weinstraße ein im Gegensatz zur „Salzstraße", die westlich davon nach Augsburg verlief. Der Weinhandel
war zur damaligen Zeit eine der einträglichsten Einnahmequellen der
Münchner Patrizier. Darüber hinaus nahmen auf der „Weinstraße" wertvolle Uhren aus Friedberg, Tuchballen aus Augsburg und Frankfurt,
Leder und Pelze aus Leipzig und Krakau, aber auch Schuhe aus Großberghofen ihren Weg.


Der Kuhstall war die Quelle des bäuerlichen Auskommens. Dem Rind kam dabei das Hauptgewicht zu, da es dem Menschen Milch, Fett, Fleisch, Leder, Dünger und Zugkraft lieferte. Der Viehbestand orientierte sich an der Größe des Hofes, da das Futter auf eigenem Grund und Boden erwirtschaftet werden mußte. Ein Zukauf war nicht möglich.
Bis zum 18. Jahrhundert mußten sich die Rinder auf kargen Weiden ihre Nahrung selbst suchen. Nur im Winter wurden sie in primitiven Schutzgebäuden untergebracht und notdürftig mit Heu versorgt. Erst in der Folgezeit setzte sich die Stallfütterung durch. Es wurden Stallungen errichtet und eine wirtschaftliche Heugewinnung wurde immer wichtiger. Gleichzeitig stieg jedoch auch die Milchleistung der Kühe. Für den Kuhstall war in der Regel die Bäuerin zuständig, und ein stattlicher Kuhstall war ihr Stolz. Dagegen fiel der Roßstall in den Verantwortungsbereich des Bauern. Bei Großbauern war der Fuhrknecht für den Roßstafl zuständig. Die Rösser waren das Aushängeschild eines Hofes. An Sonn-, Feier- und Festtagen fuhr der Bauer mit seiner „Chaise", einer komfortablen überdachten Kutsche, vor. Gezogen wurde sie von sauber aufgeputzten Pferden mit prächtigen Geschirren. Am Markttag spannte er dann den Gäuwagen ein, um mit seinen schönsten Rössern in die Stadt zu fahren.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts eroberte die Maschine die Bauernarbeit und veränderte Ortsbild und Dorfleben von Oberroth. Unter dem Einfluß der fortschreitenden technischen und chemischen Wissenschaften entwickelten sich mechanische Vorrichtungen und landtechnische Geräte, die dem Zweck dienten, die schwere körperliche Arbeit der Bauern zu erleichtern und die Produktivität zu steigern. Die Mähmaschine ist ein erstes Produkt der neuen Technik. Gezogen wurde die Mähmaschine noch von Pferden.
Ebenfalls von Pferden oder Ochsen bewegt wurde der „Göpel". Der „Göpel" ist der erste Zahnradmechanismus, der die Zugkraft von bis zu 4 Pferden oder bis zu 6 Ochsen als Drehmoment auf Maschinen überträgt.

Einen durchschlagenden technischen Erfolg brachte der Antrieb mit Dampfmaschinen, die zunächst stationär und später auch als bewegliches Lokomobil eingesetzt wurden. Der Verbrennungsmotor verdrängte allmählich die Dampfkraft. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgte der verstärkte Ausbau der Elektroversorgung, alle Orte des Dachauer Landes wurde mit Strom versorgt. Ab den 30er Jahren war nahezu jeder Bauernhof mit einem Elektroanschluß ausgestattet. Neben dem elektrischen Licht erleichtert jetzt auch der Elektromotor die Bauernarbeit.
Die technische Entwicklung dieser Antriebssysteme war die Voraussetzung für die Erfindung der Dreschmaschine. Das erste Modell hatte zunächst nur das Ziel, das körperlich anstengende und zeitaufwendige Dreschen von Hand durch Maschinenarbeit zu ersetzen. In steten Schritten begann nun die Entwicklung zum hochtechnisierten Mähdrescher, wie ihn heute jeder bäuerliche Betrieb in der Scheune stehen hat.

 
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