Die älteste verläßliche, auf den Ort Oberroth zu beziehende urkundliche Erwähnung ist im Jahre 1190 belegt. Mit dieser Urkunde vergab der Bischof Otto II. von Freising die kirchlichen Besitzungen an das Collegiat St. Andrä. Bereits Ende des 9. Jahrhunderts ist ein Ort „ad Hrotam" urkundlich belegt und 926 ist in einer Urkunde eine Niederlassung „ad minorem Rotam" erwähnt. In beiden Fällen ist jedoch nicht einwandfrei geklärt, ob damit auf das heutige Nieder- oder Oberroth Bezug genommen wird.
Spätestens seit 1190 ist Oberroth ein Pfarrdorf mit Kirche, eigenem Pfarrer und einem Pfarrhof, ausgestattet mit einem reichen Grundbesitz. Urkundlich geht hervor, daß im Jahre 1760 ein Pfarrhof, ein Ökonomiegebäude und ein Grundbesitz (Widumsgründe) in der Größe eines 1/1 Hofes bestanden. Es gehörten zum „Pfarrwidum": 67 Tagwerk Acker, 20 Tagwerk Wiesen und 16 Tagwerk Wald, die auch heute noch vorhanden sind, aber verpachtet werden. Damit gehörte die Pfarrei Sankt Peter und Paul zu den größten Grundbesitzern von Oberroth und war bei den Pfarrherren eine begehrte Pfarrei. Hinzu kam, daß es keine Auflagen für einen mit Kosten verbundenen Schulbetrieb gab. Bis in die Neuzeit hinein bezogen die Pfarrer ihren Lebensunterhalt aus den Einnahmen ihres Pfarrwidums. Ein festes Gehalt gab es damals nicht.
Oberroth, Hofmark und Schrannenpiatz zwischen zwei wichtigen Verkehrswegen
Seit 1392 gehört Oberroth zum Gericht Schiltberg. Nach der Verschmelzung des Gerichtes Schiltberg mit dem Landgericht Aichach ging die Verwaltung von Oberroth auf das Landgericht Aichach über. Nur Musterung und Harnischschau wurde vom Landgericht Dachau durchgeführt. Erst ab 1532 erscheint Oberroth als ein dem Landgericht Dachau unmittelbar unterstellter Ort.
Oberroth war bereits seit 1190 Hofmark. Hofmarken waren eine Mischung aus politischer Gemeinde, Gerichtsbezirk und Wirtschaftsunternehmen. Sie besaßen die niedrige Zivil- und Strafgerichtsbarkeit sowie die Schieds- und Urkundengerichtsbarkeit. Zugleich waren mit dem Besitz einer Hofmark wirtschaftliche Vorrechte verbunden, wie das Brau- und Mühlenrecht, das Vorrangrecht auf Nutzung der Wasserkräfte, der örtliche Wildbann und ähnliche Feudalrechte. -
Zusätzlich besaßen die Hofmarkherren ein wirtschaftliches Konzessionsund Zulassungsrecht für Handwerk, Gewerbe und ländliche Kleinsiedlungen. Hofmarkherren konnten adelige Grundbesitzer, aber auch Pfarrherren oder Klöster sein. Letztere mußten ihre Rechte und Pflichten jedoch mit Hilfe von Vögten ausüben.
Um 1500 gab es im Bereich des heutigen Landkreises Dachau 32 Hofmarken, davon 21 Adelssitze und 11 im Besitz von Prälaten. Urkunden legen den Schluß nahe, daß in Oberroth die Hofmarkherrschaft von der Pfarrei ausgeübt wurde, die ja einen Ganzhof in Besitz hatte. Um 1500 gehörte Oberroth zur Vogtei Günzelhofen. Es ist anzunehmen, daß die Vogtei Günzelhofen das Hofmarktrecht in Oberroth ausgeübt hat.
In einer Urkunde des Gerichtes Schiltberg von 1392 ist Oberroth als „Schrannenort" verzeichnet. Zur damaligen Zeit bedeutete Schranne Gerichtsstätte. Diese Schrannengerichte wurden unter freien Himmel, meist auf erhöhten Plätzen oder unter Bäumen, vor allem Linden, abgehalten. Durch Schranken, sog. „Schrannen" wurde das Volk vom Gericht getrennt. An solchen Gerichtstagen kam viel Volk aus der Umgebung zusammen. Die Orte erwirkten deshalb das Rech, an den Gerichtstagen einen Markt abhalten zu können. So wurdet dr Gerichtstag auch vielfach zum Markttag, was die spätere Bedeutung von „Schranne" als Getreideschranne zur Folge hatte. In Oberroth wurde demnach Gericht gehalten und daraus entwickelte sich ein
113
Handelsmarkt, der wegen seiner verkehrsgünstigen Lage zwischen zwei wichtigen Verkehrswegen ein lebhaftes Marktleben vermuten läßt.
Diese verkehrspolitische Bedeutung wurde im Jahre 1180 begründet, als man den Wittelsbachern „Bayern" als Reichsiehen übertrug und München von Ludwig dem Strengen 1255 zur Hauptstadt der Wittelsbacher bestimmt wurde. Es mußte schnellstens ein Verkehrsweg geschaffen werden, der die neue Hauptstadt München mit der wittelsbachschen Burg in Dachau und den landherrschaftlichen Besitzungen in Aichach und im Raum Donauwörth verband. Daneben war ein Handelsweg mit dem wirtschaftlichen Zentrum Augsburg dringend erforderlich. Zwischen den Jahren 1200-1255 wurde eine Straße gebaut, die über Dachau und Schwabhausen führend seine Gabelung am Ortseingang von Oberroth hatte.
Ein Straßenzug (heutige Aichacher Straße) führte über Aichach nach Rain am Lech und sicherte den Witteisbachern die Überwachung ihrer Besitzungen. Als Heerstraße hatte die Trasse ein herausragendes strategisches Gewicht für die Machtpolitik des Hauses Wittelsbach. Neben vielen Vorzügen für Handel und Ansiedlungspolitik hatte die Lage an einer Heerstraße auch den Nachteil, daß Oberroth zahlreiche Plünderungen durch Soldaten über sich ergehen lassen mußte. So waren es auch französische Truppen von Napoleon, die in Oberroth stahlen und brandschatzten. Für diesen Schaden wurde 1806 von Napoleon eine Entschädigung an die Einwohner von Oberroth gezahlt.
Die zweite Trasse verlief von Oberroth (heutige Friedberger Straße) über Odelzhausen, Eurasburg und Friedberg nach Augsburg. Sie wurde für die nächsten Jahrhunderte zu einem herausragenden Handelsweg, der München mit Italien und dem restlichen Deutschland verband. Nach Fertigstellung wurde diese Handelsstraße den Fuhrleuten zwingend für den Transport von Wein, Mehl und Getreide vorgeschrieben. Deshalb bürgerte sich den Name Weinstraße ein im Gegensatz zur „Salzstraße", die westlich davon nach Augsburg verlief. Der Weinhandel
war zur damaligen Zeit eine der einträglichsten Einnahmequellen der
Münchner Patrizier. Darüber hinaus nahmen auf der „Weinstraße" wertvolle Uhren aus Friedberg, Tuchballen aus Augsburg und Frankfurt,
Leder und Pelze aus Leipzig und Krakau, aber auch Schuhe aus Großberghofen ihren Weg.